Die Einlagenrückgewähr ist ein oft unterschätzter steuerlicher Aspekt im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften, insbesondere bei Ausschüttungen an Gesellschafter. Anders als bei regulären Gewinnausschüttungen handelt es sich hierbei nicht um steuerpflichtige Erträge, sondern um die Rückzahlung von bereits geleistetem Eigenkapital. Für Gesellschafter kann dies erhebliche steuerliche Vorteile bedeuten – vorausgesetzt, die Voraussetzungen sind klar erfüllt und sauber dokumentiert. In diesem Beitrag erklären wir, was unter Einlagenrückgewähr zu verstehen ist, wie sie steuerlich behandelt wird und welche Fallstricke es zu vermeiden gilt.
Den ergänzenden Blogbeitrag finden Sie hier: Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto. Ergänzend dazu das Video zur Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto:
Die Voraussetzungen einer Einlagenrückgewähr
Tätigt eine Kapitalgesellschaft eine Ausschüttung an ihre Gesellschafter, ist fraglich, ob die Leistung als steuerpflichtige Dividende gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG oder als Einlagenrückgewähr nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG zu klassifizieren ist:
- Im ersten Fall liegen beim Gesellschafter steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, die der Abgeltungssteuer unterliegen (§§ 20, 32d Abs 1 EStG)
- Im zweiten Fall liegen keine steuerpflichtigen Einkünfte vor (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG), sondern lediglich eine Minderung der Anschaffungskosten der Beteiligung. Die Einlagenrückgewähr resultiert auf Leistungen, die aus dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG gespeist werden
Eine inländische Kapitalgesellschaft ist hinsichtlich der Bestimmung, ob eine Einlagenrückgewähr oder eine steuerpflichtige Dividende vorliegt, nicht frei. Bei der Gewinnausschüttung ist die Verwendungsreihenfolge zu beachten, d.h. ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto ist nicht möglich, § 27 Abs. 1 S. 3, 5 KStG. Beträge werden auf dem steuerlichen Einlagenkonto nach § 27 Abs. 1 KStG erfolgsneutral erfasst. Nur dann, wenn kein ausschüttbarer Gewinn vorhanden ist (Eigenkapital./.Nennkapital./.steuerliches Einlagekonto kleiner/gleich Null), ist eine nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG steuerfreie Einlagenrückgewähr möglich.
Eine Ausschüttung gilt nur dann und insoweit als aus dem steuerlichen Einlagekonto erfolgt, als sie den ausschüttbaren Gewinn übersteigt. Der ausschüttbare Gewinn wird wie folgt berechnet:
Steuerbilanzkapital 31.12. des Vorjahres:
./. Nennkapital
./. positiver Bestand des steuerlichen Einlagekontos
= ausschüttbarer Gewinn
Dabei ist auf den Schluss und die festgestellten Bestände des vorangegangenen Wirtschaftsjahres abzustellen. Ein Gewinn kann nach seinem Wortlaut nicht negativ sein, weswegen der ausschüttbare Gewinn für den Fall, dass sich ein Negativbetrag ergibt, mit EUR 0,00 anzusetzen ist. Lediglich dann, wenn der ausschüttbare Gewinn auf Grundlage der Vorjahresbetrachtung bei EUR 0,00 liegt, kann eine steuerfreie Einlagenrückgewähr vorgenommen werden.
Bescheinigung der Kapitalgesellschaft über die Einlagenrückgewähr
Eine Kapitalgesellschaft muss ihren Anteilseignern Leistungen, die nach § 27 Abs. 1 S. 3 KStG als Abgang auf dem steuerlichen Einlagekonto zu berücksichtigen sind, nach amtlich vorgeschriebenem Muster gem. § 27 Abs. 3 S. 1 KStG bescheinigen. Nach § 27 Abs. 5 S. 1, 2 KStG ist Voraussetzung für die Einlagenrückgewähr die Bescheinigung. Wird eine zu niedrige Verwendung des steuerlichen Einlagekontos bescheinigt, so entfaltet diese Bescheinigung Bindungswirkung für die tatsächliche Verwendung des steuerlichen Einlagekontos (sog. Verwendungsfestschreibung, § 27 Abs. 5 Satz 1 KStG). Vom steuerlichen Einlagekonto wird nur der Betrag verwendet, der auch bescheinigt wurde. Nur dieser Betrag ist auch steuerfrei nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Wird eine Steuerbescheinigung überhaupt nicht oder erst nach Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos erteilt, gilt die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos mit Null Euro bescheinigt. Die fiktive Nullbescheinigung entfaltet Bindungswirkung, sobald die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos der Kapitalgesellschaft erstmalig bekanntgegeben wurde. Eine nachträgliche Erteilung einer Bescheinigung ist ausgeschlossen (§ 27 Abs. 5 Satz 3 KStG). Nur mit einer korrekt ausgestellten Steuerbescheinigung liegt beim Anteilseigner eine steuerfreie Einlagenrückgewähr vor.
Einlagenrückgewähr bei EU-/EWR-Gesellschaften
Seit 2006 wurde für Körperschaften oder Personenvereinigungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, die Möglichkeit eröffnet, nachzuweisen, dass eine Zahlung an den Anteilseigner als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist. Solche Gesellschaften können einen Antrag stellen, um nachzuweisen, dass es sich bei ihren Leistungen nach den Grundsätzen des § 27 Abs. 1 bis 6 KStG und §§ 28, 29 KStG um eine Einlagenrückgewähr handelt. Der Antrag ist jedoch an eine Frist und Nachweise gebunden (§ 27 Abs. 8 S. 4 KStG). Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt nach § 27 Abs. 8 S. 9 KStG eine steuerpflichtige Dividende vor und keine steuerfreie Einlagenrückgewähr.
Steuerberater für Kapitalgesellschaften
Die Einlagenrückgewähr und die Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto stellt ein wirkungsvolles Instrument dar, um Kapital aus einer Gesellschaft steuerneutral an Gesellschafter zurückzuführen – vorausgesetzt, sie wird korrekt bescheinigt und ist vom steuerlichen Einlagekonto gedeckt. Für Kapitalgesellschaften und deren Anteilseigner kann dies eine attraktive Alternative zur regulären Gewinnausschüttung sein. Wichtig ist jedoch: Fehler bei der Abgrenzung zwischen Einlagenrückgewähr und steuerpflichtiger Ausschüttung können erhebliche steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen. Eine sorgfältige Planung und steuerliche Begleitung sind daher unerlässlich.
Ich habe mich insbesondere auch auf die Besteuerung von Kapitalgesellschaften -auch in grenzüberschreitenden Fragen- spezialisiert. Hierzu stehe ich Ihnen auch bei Fragen zur Besteuerung der Anteilseigner deutschlandweit zur Verfügung und begleite Sie bei steueroptimalen Strukturierung von Gewinnausschüttungen und Einlagenrückwähr.
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