Die Anteilsvereinigung ist ein Begriff aus dem Gesellschafts- und Steuerrecht, der in der Praxis eine große Rolle spielt – insbesondere bei Unternehmensübernahmen, Umstrukturierungen und Immobilientransaktionen. Oft wird die Anteilsvereinigung erst dann relevant, wenn mehrere Beteiligte ihre Anteile zusammenlegen oder ein Gesellschafter eine beherrschende Stellung erlangt. Doch was genau versteht man unter einer Anteilsvereinigung, welche rechtlichen Folgen sind damit verbunden und warum sollten Investoren, Unternehmer und Berater dieses Thema im Blick behalten? In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die Grundlagen, typische Anwendungsfälle und die wichtigsten steuerlichen sowie rechtlichen Konsequenzen.

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Die grunderwerbsteuerlichen Besonderheiten bei der Übertragung von Grundstücken auf Personengesellschaft sind im nachstehenden Video dargestellt:

Allgemeines zur Anteilsvereinigung

Das Grunderwerbsteuergesetz normiert verschiedene Tatbestände, die zu einer Anteilsvereinigung führen:

  1. Eine unmittelbare Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG bei einer Kapitalgesellschaft als grundbesitzende Gesellschaft liegt vor, wenn sich in der Hand eines Erwerbers unmittelbar mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft vereinigen.
  2. Eine unmittelbare Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 2b GrEStG bei einer Kapitalgesellschaft als grundbesitzende Gesellschaft liegt vor, wenn sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 90 % der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen.
  3. Eine unmittelbare Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 2a GrEStG bei einer Personengesellschaft als grundbesitzende Gesellschaft liegt vor, wenn sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 90 % der Anteile der Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen.

Die Anwendung von § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG ist gegenüber der Anwendung von § 1 Abs. 3 GrEStG vorrangig.

Alle mit Ablauf des 30. Juni 2021 vorhandenen Beteiligten gelten für Zwecke des § 1 Abs. 2b GrEStG als Altgesellschafter (§ 23 Abs. 23 GrEStG).  Anzuwenden ist § 1 Abs. 2b GrEStG erstmals auf Erwerbsvorgänge, die nach dem 30.06.2021 verwirklicht werden

Rechtsfolge der Anteilsvereinigung ist, dass die Änderung des vom Gesetz vorgegebenen Umfangs des Gesellschafterbestands einer Übereignung eines Grundstücks für grunderwerbsteuerliche Zwecke gleichsteht. Die Anteilsvereinigung führt daher zur Grunderwerbsteuerfestsetzung, obgleich das Grundstück weder verkauft/übertragen wird.

Anwendung von Steuerbefreiungsvorschriften bei der Anteilsvereinigung

Bei Kapitalgesellschaften finden die personenbezogenen Befreiungsvorschriften nach § 3 GrEStG keine Anwendung.

Die sachlichen Befreiungsvorschriften, insbesondere nach § 3 Nr. 2 GrEStG, sind anwendbar, da eine Doppelbelastung mit Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer vermieden wird.

Auch bei einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 2b GrEStG findet die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG Anwendung, soweit die Anteile der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft durch Schenkung unter Lebenden übertragen werden.

Fazit zur Anteilsvereinigung

Die Anteilsvereinigung stellt einen eigenständigen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand dar, der häufig unterschätzt wird. Sie kann selbst dann Grunderwerbsteuer auslösen, wenn kein Grundstück unmittelbar den Eigentümer wechselt, sondern lediglich gesellschaftsrechtliche Beteiligungen verschoben oder gebündelt werden. Aufgrund der weitreichenden Regelungen in § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG sowie der ab 2021 abgesenkten Beteiligungsgrenzen auf 90 % ist die Gefahr einer unbewussten Steuerpflicht deutlich gestiegen. Für Unternehmen, Investoren und Berater ist es daher unerlässlich, gesellschaftsrechtliche Transaktionen im Vorfeld sorgfältig auf mögliche Anteilsvereinigungen zu prüfen und gegebenenfalls steuerliche Gestaltungen zu entwickeln. Wer dies vernachlässigt, riskiert nicht nur erhebliche Steuerbelastungen, sondern auch die Verzögerung komplexer Transaktionen. Auch sind die entsprechenden Anzeigepflichten unbedingt zu beachten, um eine Doppelbesteuerung bei der Anteilsvereinigung zu vermeiden.

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