Der Substanznachweis spielt in EU-/EWR dahingehend eine große Rolle, da mit der Gegenbeweismöglichkeit nach § 8 Abs. 2, 3 AStG eine Gesellschaft nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte ist, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht (sog. Substanztest). Damit wird mit dem Substanznachweis in Bezug auf EU-/EWR-Gesellschaften und auch in ausgewählten Drittstaatenfällen die Hinzurechnungsbesteuerung effektiv vermieden. Der Beitrag beleuchtet das Thema des Substanznachweises und inwieweit und inwiefern dieser in der Praxis bestanden wird. Die Grundlagen der Hinzurechnungsbesteuerung finden Sie hier:

Hinzurechnungsbesteuerung | Marian Schildhorn Steuerberatungsgesellschaft Ltd

Ergänzend dazu das Video:

Hinzurechnungsbesteuerung | Welche Gefahren können auftreten? Fallbeispiel vom Steuerberater

Der Substanznachweis in der praktischen Umsetzung

Die Erfüllung des Substanznachweises ist an keine Form gebunden. Die Beweislast ist reduziert, je geringer die Möglichkeit des Steuerpflichtigen ist, diesen zu erbringen, z.B. bei einer geringen bzw. nicht beherrschenden Beteiligungsquote (zum Beispiel, wenn die Beherrschungsquote über nahestehende Personen erfüllt ist). Es besteht aber eine Steuererklärungspflicht nach § 18 Abs. 3 2. HS AStG (Anzeigepflicht). Die Vordrucke befinden sich auf der Seite des Bundesministeriums für Finanzen:

Vordrucke zur Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. Außensteuergesetz (AStG), für die Feststellungsjahre ab 2022, die Wirtschaftsjahre der Zwischengesellschaft betreffen, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen

Substanznachweis bei Beteiligung an einer Drittstaatengesellschaft

Bei Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter, die von Zwischengesellschaften erzielt werden, ist eine Beherrschung nicht erforderlich, um die Hinzurechnungsbesteuerung auszulösen (siehe § 13 AStG). Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter sind Einkünfte, einschließlich Veräußerungsgewinne, die aus dem Halten, der Verwaltung, der Werterhaltung oder der Werterhöhung von Zahlungsmitteln, Forderungen, Wertpapieren, Beteiligungen (ausgenommen sind die aktiven Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Nr. 7, 8 AStG) oder ähnlichen Vermögenswerten stammen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass sie aus einer Tätigkeit stammen, die unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 fallenden eigenen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft dient. Der Substanznachweis nach § 8 Abs. 2 AStG ist nicht auf EU-/EWR-Gesellschaften beschränkt, sodass der Substanznachweis auch bei Drittlandsgesellschaften erbracht werden kann.

Beispiel zum Substanznachweis bei Drittstaatengesellschaften

Substanznachweis

A ist im Inland unbeschränkt steuerpflichtig. Er ist a) zu 60 %, b) zu 40 % am Nennkapital einer US-amerikanischen Inc. beteiligt. Die Inc. erzielt Zinseinkünfte und Dividenden aus Streubesitzanteilen, mithin Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter. Sie unterhält jedoch einen nach § 8 Abs. 2 AStG erforderlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Nach § 13 Abs. 1 AStG unterliegen die Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter auch dann der Hinzurechnungsbesteuerung, wenn – wie in Fall b) keine Beherrschung der Inc. gegeben ist. In Fall b) kann der A jedoch den Substanznachweis nach § 8 Abs. 2 AStG, § 13 Abs. 4 AStG antreten, weshalb die Einkünfte nicht der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen, da die Gegenbeweismöglichkeit erfüllt ist. Nach dem AEAStG, Rn. 712 kann der Steuerpflichtige aber im Fall a) (Beteiligung zu 60 %) den Gegenbeweis nicht antreten, da § 13 AStG gegenüber § 7 Abs. 1 AStG subsidiär ist. Die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung greift damit ausschließlich in den Fällen ein, in denen ein unbeschränkt Steuerpflichtiger die ausländische Gesellschaft nicht nach § 7 Abs. 2 AStG beherrscht. Folglich kann der Substanznachweis auf Zwischengesellschaften in Drittstaaten, die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter erzielen, nicht angewendet werden, wenn die Beherrschungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 AStG erfüllt sind.

Der Substanznachweis in seiner abstrakten Ausgestaltung – der Substanztest

Der Gesetzgeber fordert eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit dergestalt, dass der Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat erfolgt (§ 8 Abs. 2 S. 2 AStG) und eine selbständige und eigenverantwortliche Ausübung der Tätigkeit durch hinreichend qualifiziertes Personal vorliegt (§ 8 Abs. 2 S. 3 AStG). Der Gegenbeweis ist ausgeschlossen, wenn die ausländische Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt (§ 8 Abs. 2 S. 5 AStG). Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jede auf die Erzielung von Einnahmen oder sonstigen Vorteilen gerichtete aktive Handlung. Der Substanznachweis muss demnach folgende abstrakte Kriterien erfüllen:

  • eine gezielte Nutzziehung der Ressourcen im Aufnahmestaat

  • eine personelle und sachlich angemessene Ausstattung, um die angestrebten wirtschaftlichen Kernfunktionen selbst auszuüben

  • die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen durch die ausländische Gesellschaft selbst getroffen werden

  • Erlangung eines steuerlichen Vorteils durch die Tätigkeit im anderen Staat ist nicht Hauptzweck der gewählten Struktur

Negativ wird folgende Einschränkung im AEAStG vorgenommen:

  • Das bloße Vorhalten von Büroräumen oder eine nur geringfügige (ortungebundene) Wahrnehmung von Funktionen stellt eine unzureichende sachliche und personelle Ausstattung dar. Dabei wird jedoch das in dem ausländischen Staat eingerichtete Home-Office miteinbezogen (das Home-Office ist ausreichend, wenn es sich denn im gleichen Staat befindet)

  • Die Einhaltung von Compliance- und Governance-Regeln steht einer Eigenverantwortlichkeit und folglich einer selbständigen Tätigkeit i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 3 AStG nicht entgegen

Ausschluss des Substanznachweises in den Fällen des Outsourcings (§ 8 Abs. 2 S. 5 AStG)

Der Substanznachweis als Gegenbeweis scheidet aus, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt. Unter Dritten werden in der steuerrechtlichen Terminologie typischerweise nicht verbundene Personen verstanden. Nach AEAStG sind Dritte alle von der ausländischen Gesellschaft verschiedene Rechtsträger, auch nahestehende Personen. Die wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit wird durch Dritte besorgt, wenn diese die Tätigkeit unter Einsatz ihrer eigenen sachlichen und personellen Ausstattung in der Weise ausüben, dass sie dieser in qualitativer und quantitativer Hinsicht das Gepräge geben (Outsourcing). Ein Outsourcing in diesem Sinne soll insbesondere in Fällen von Betriebsführungs- und Managementverträgen anzunehmen sein.

Fazit

Der Substanznachweis spielt in der Praxis, insbesondere bei EU-/EWR-Gesellschaften eine große Rolle. Wenn Sie Fragen haben zur konkreten Ausgestaltung der Substanz bzw. der Gegenbeweismöglichkeit durch den Substanznachweis, kontaktieren Sie mich gerne, ich unterstütze Sie in allen Angelegenheiten rund um die Hinzurechnungsbesteuerung und dem Substanznachweis.