In einer zunehmend globalisierten Welt ist es heutzutage kein außergewöhnlicher Umstand mehr, wenn Menschen ihren Vermögensaufbau (teilweise) im Ausland vornehmen. Soll dieses Vermögen dann an die nächste Generation weitergegeben werden, stellen sich für die Schenker und die Beschenkten, aber auch im Todesfall die Erben, immer Fragen im Zusammenhang mit der Steuerpflicht rund um den Erbfall oder die Schenkung mit und von ausländischem Vermögen. Dieser Beitrag schafft die Grundlagen für die deutsche steuerrechtliche Einordnung betreffend der Erbschaftsteuer mit Auslandsbezug und der „Erbschaft ausländisches Vermögen“.
Arten der Steuerpflicht
- Unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG besteht eine unbeschränkte persönliche Erbschaftsteuerpflicht in den Fällen, in denen entweder der Erblasser oder der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls ein Inländer ist. Als Inländer gelten alle natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) ErbStG. Maßgeblich sind für die Beurteilung dieser Verhältnisse für den Erblasser der Zeitpunkt des Todes und für den Erwerber der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gem. § 9 ErbStG
- Erweitert unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht: Daneben gehören gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) ErbStG zu den Inländern auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt zu haben. Mit dieser sogenannten erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht soll vermieden werden, dass durch einen vorübergehenden Wegzug ins Ausland die deutsche Steuerpflicht umgangen werden kann
- Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht: Darüber hinaus existiert nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG in Deutschland eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht, wenn ein Erbfall sich auf bestimmtes Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG erstreckt, obwohl weder der Erblasser noch der Erbe Inländer sind.
- Erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht: Daneben sieht § 4 AStG über die beschränkte Steuerpflicht hinaus für bestimmte Vermögensposten eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht auf die Dauer von zehn Jahren vor. Nach § 4 AStG kann die erweiterte beschränkte Steuerpflicht eintreten, wenn die Steuerschuld bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Ende des Jahres, in dem die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Erblassers oder Schenkers geendet hat, entstanden ist und die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 AStG zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld vorlagen. Die Steuerpflicht nach § 4 Abs. 1 AStG erstreckt sich auf den Vermögensanfall gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und darüber hinaus auf Teile des Erwerbs, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG wären

Beispielsfall Erbschaft ausländisches Vermögen: Unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Der Steuerpflichtige S und sein Vater V sind in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. V ist Eigentümer einer in der Schweiz belegenen Wohnimmobilie. V will diese Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt schenkweise übertragen. In der Schweiz ist diese Übertragung ohne Erbanfallsteuer möglich. In diesem Fall besteht unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der gesamte Vermögensanfall der Schenkung unterliegt daher der Schenkungsteuerpflicht nach § 7 Abs. 1 ErbStG.
Beispielsfall Erbschaft ausländisches Vermögen: Erweitert unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Der Steuerpflichtige S hat in 2017 seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgegeben. Sein Vater V hat im Jahr 2021 ebenfalls seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgegeben. Beide haben ihre deutsche Staatsangehörigkeit behalten. V ist Eigentümer einer in der Schweiz belegenen Wohnimmobilie. V will diese Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt schenkweise im Jahr 2023 übertragen. In der Schweiz ist diese Übertragung ohne Erbanfallsteuer möglich. Beide sind in einem Nicht-DBA-Staat ansässig. In diesem Fall besteht in der Person des V die erweitert unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 b) ErbStG. Der gesamte Vermögensanfall der Schenkung unterliegt daher der Schenkungsteuerpflicht nach § 7 Abs. 1 ErbStG.
Beispielsfall Erbschaft ausländisches Vermögen: Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Der Steuerpflichtige S hat in 2017 seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgegeben. Sein Vater V hat im Jahr 2017 ebenfalls seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgegeben. V ist Eigentümer einer in Deutschland belegenen Wohnimmobilie. V will diese Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt schenkweise im Jahr 2023 übertragen. Beide sind in einem Nicht-DBA-Staat ansässig. In diesem Fall besteht keine (erweitert) unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht. Zum Inlandsvermögen gehört gem. § 121 Nr. 2 BewG das inländische Grundvermögen. Es liegt daher beschränkte Steuerpflicht vor.
Vermeidung der Doppelbesteuerung bei einer Erbschaft ausländischen Vermögens
Zur Beseitigung bzw. zur Abmilderung der internationalen Doppelbesteuerung hat die Bundesrepublik Deutschland mit einigen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer abgeschlossen. Diese DBA haben Gesetzeskraft und damit Vorrang vor den Regelungen des nationalen Rechts. Sehen die DBA für bestimmte Probleme keine Bestimmungen vor, bleibt es bei der Geltung des jeweiligen nationalen Erbschaftsteuerrechts. In der Regel wird in den DBA dem Staat das Besteuerungsrecht eingeräumt, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte, während der andere Staat sein Besteuerungsrecht auf den dort belegenen Teil des Nachlasses (z.B. Immobilien, Betriebsstätte) begrenzt. Die im Belegenheitsstaat erhobene Steuer auf die Erbschaft des ausländischen Vermögens wird entweder nach der sogenannten Anrechnungsmethode auf die Steuer im Wohnsitzstaat angerechnet oder das Vermögen im Belegenheitsstaat wird nach der sogenannten Freistellungsmethode von der Besteuerung im Wohnsitzstaat gänzlich ausgenommen. Mit der Aufteilung des Besteuerungsrechts auf zwei oder mehr Vertragsstaaten erhält der Steuerpflichtige allerdings in Deutschland keinen Progressionsvorteil. Nach § 19 Abs. 2 ErbStG ist nämlich die deutsche Steuer nach dem Steuersatz zu erheben, der für den ganzen Erwerb gelten würde. Diesen sogenannten Progressionsvorbehalt schließen die geltenden DBA nicht aus.
Folgende Doppelbesteuerungsabkommen bestehen bei einer Erbschaft mit ausländischem Vermögen:
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Griechenland
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Schweden
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Schweiz
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USA
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Dänemark
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Frankreich

Anrechnungsmethode bei einer Erbschaft mit ausländischem Vermögen
Aufgrund der nur beschränkten Anzahl von Erbschaftsteuer-DBA lässt sich in vielen Fällen eine internationale Doppelbesteuerung in Erbfällen nicht vermeiden. Zur einseitigen Abmilderung der Doppelbesteuerung sieht die Regelung des § 21 ErbStG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit vor, auf Antrag eine ausländische Steuer auf die deutsche Steuer anzurechnen. Nur unter diesen Voraussetzungen kann die im Ausland festgesetzte Steuer bei einer Erbschaft mit ausländischem Vermögen in Deutschland angerechnet werden.
Die Anrechnung einer ausländischen Erbschaft- oder Schenkungsteuer hängt von folgenden Voraussetzungen ab:
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Die Anrechnung ist nur bei Erbfällen bzw. Schenkungen mit unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland möglich
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eine Anrechnung kommt nicht in Betracht, wenn und soweit die Vorschriften eines DBA Anwendung finden; dann ggf. aber entsprechende Anwendung von § 21 ErbStG
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der Anrechnungsberechtigte muss einen entsprechenden Antrag stellen
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angerechnet wird die auf den Erwerber entfallende, festgesetzte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer, die auch tatsächlich entrichtet worden ist
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bei der ausländischen Steuer muss es sich um eine Steuer handeln, die der deutschen Erbschaftsteuer entspricht
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die ausländische Steuer ist nur anrechenbar, wenn die deutsche Erbschaftsteuer für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Erbschaftsteuer entstanden ist
Fazit
Die Erbschaft mit Auslandsvermögen stellt die Erben und Beschenkten vor teilweise große Herausforderungen in Bezug auf die Besteuerungsfolgen. Insbesondere droht auch immer die Gefahr einer Doppelbesteuerung. Wenn Sie bei Nachfolgethemen mit Auslandsbezug Fragen haben, kontaktieren Sie mich gerne.
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