Der Verkauf eines Grundstücks ist in steuerlicher Hinsicht oft komplexer, als es auf den ersten Blick scheint – denn neben der Grunderwerbsteuer und Einkommensteuer ist auch die Umsatzsteuer ein Thema. Denn obwohl Grundstücksverkäufe grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit sind, gibt es Ausnahmen und Gestaltungsspielräume, die weitreichende Folgen haben können, insbesondere wenn beim Grundstücksverkauf Umsatzsteuer anfallen kann. Wann beim Grundstücksverkauf Umsatzsteuer anfallen kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Da beim Grundstücksverkauf auch die Einkommensteuer zur Falle werden kann, empfehle ich auch das nachstehende Video:
Grundstücksverkauf Umsatzsteuer: Grundstückslieferung als Geschäftsveräußerung im Ganzen
Nach § 1 Abs. 1a S. 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Dabei muss es sich aber um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handeln (§ 1 Abs. 1a S. 2 UStG). Der EuGH hat in seinem Urteil „Zita Modes“ entschieden, dass der Erwerber die Absicht haben muss, das übernommene Unternehmen fortzuführen und nicht zeitnah zu beenden und abzuwickeln. Die Fortführungsabsicht ist dabei aus der Sicht des Erwerbers im Übertragungszeitpunkt zu beurteilen, da es nicht im Einflussbereich des Verkäufers liegt, die Absichten und Möglichkeiten des Käufers zu beurteilen (BFH – Urteil vom 29.08.2012 – XI R 10/12).
Die Übertragung eines Grundstücks ohne gleichzeitig mit übertragene Mietverträge führt mangels Fortführungsabsicht nicht zu einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (BFH – Urteil vom 05.06.2014 – V R 10/13). Die Grundstückslieferung ist mithin nur dann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn der Grundstückserwerber das Vermietungsunternehmen dergestalt fortführt, dass (zunächst) alle Mietverträge übernommen werden.
Der Blogbeitrag „Geschäftsveräußerung im Ganzen“ gibt weitere detailliertere Einblicke in die Thematik.
Grundstücksverkauf Umsatzsteuer Option: Nach § 9 Abs. 1, 3 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten
Ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt oder eine steuerfreie Grundstückslieferung kann grundsätzlich dahinstehen. Sowohl bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen als auch bei einer Grundstückslieferung kommt es zu keiner Belastung mit Umsatzsteuer, da die Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar ist und die Grundstückslieferung nach § 4 Nr. 9a) UStG steuerbefreit. Sofern jedoch der Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung aus der Anschaffung des Grundstücks, Herstellungsaufwand oder Erhaltungsaufwand (hier sind nicht alle Erhaltungsmaßnahmen betroffen, insbesondere die, die sich im Zeitpunkt der Leistung verbrauchen) Vorsteuerbeträge geltend gemacht hat, führt eine steuerfreie Grundstückslieferung zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 8 UStG, da sich die Verhältnisse bei der Veräußerung zu der Verwendung/Anschaffung/Herstellung geändert haben.
Auch spielt die Beurteilung eine wesentliche Rolle, wenn Inventar und Zubehör mit veräußert wird, weil dafür die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9a) UStG nicht greift.
Sofern eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, kommt es nicht zu einer Vorsteuerberichtigung beim Veräußerer, da nach § 15a Abs. 10 UStG der Berichtigungszeitraum vom Erwerber weitergeführt wird.
Gerade bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen zeigt sich die ganze Kasuistik des Umsatzsteuerrechts: Ob ein Grundstücksverkauf als Teil einer unternehmerischen Gesamttätigkeit gilt, hängt von vielen Details ab – etwa von der Art der Nutzung, dem Käuferprofil oder bestehenden Mietverhältnissen.
Problematisch ist jedoch, dass eine Fehlbeurteilung irreversibel ist: Nach § 9 Abs. 3 UStG kann eine Option zur Steuerpflicht, die eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG verhindert, nur im notariellen Kaufvertrag ausgesprochen werden.
Grundstücksverkauf Umsatzsteuer Option: Rettungsanker rechtzeitig nutzen!
Es ist daher unbedingt eine Regelung im notariellen Kaufvertrag aufzunehmen, dass bei einer Fehlbeurteilung über das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen vorsorglich und unwiderruflich auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9a) UStG verzichtet wird (§ 9 Abs. 1, 3 UStG). Eine Rechnungsstellung erfolgt jedoch vom Veräußerer nicht, da der Umsatz dann nach § 13b Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 UStG vom Leistungsempfänger geschuldet wird.
Für Inventargegenstände gilt dies jedoch nicht, wenn diese im Kaufvertrag mit verkauft werden: Hier muss eine gesonderte Regelung gefunden werden, dass die Umsatzsteuer keine zusätzliche Belastung für den Verkäufer wird.
Fazit
In der Regel ist bei einem Grundstücksverkauf Umsatzsteuer kein wirkliches Problem, wenn das Grundstück nicht steuerpflichtig vermietet wurde und auch nicht steuerpflichtig erworben wurde. Doch insbesondere bei einer steuerpflichtigen Vermietung und umfangreicheren Erhaltungsmaßnahmen ist ein besonderes Augenmerk auf das Thema Umsatzsteuer zu legen. Die umsatzsteuerliche Behandlung hängt stark vom Einzelfall ab, und die Kasuistik in diesem Bereich ist komplex. Deshalb gilt: Wer ein Grundstück verkauft – sei es als Unternehmer, Gesellschaft oder Privatperson mit Vorsteuerabzug – sollte den Sachverhalt frühzeitig steuerlich prüfen lassen. So lassen sich unnötige Steuerrisiken vermeiden und Gestaltungsspielräume optimal nutzen.
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