Wegzugsbesteuerung bei Einzelunternehmen gewinnt zunehmend an Bedeutung, wenn Unternehmer ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen. § 16 Abs. 3a EStG regelt die steuerlichen Folgen eines Wegzugs, insbesondere wenn dadurch das deutsche Besteuerungsrecht ganz oder teilweise entfällt. Dabei spielen auch Themen wie Steuerstundung und Funktionsverlagerung eine zentrale Rolle.

§ 16 Abs. 3a EStG als Vorschrift zur Wegzugsbesteuerung bei Einzelunternehmen und Personenunternehmen

Auch bei Personenunternehmen und bei Einzelunternehmen gibt es eine Wegzugsbesteuerung. Wird nämlich das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter eines Betriebs oder Teilbetriebs ausgeschlossen oder beschränkt, so fingiert § 16 Abs. 3a EStG eine Betriebsaufgabe. Folglich wird die fiktive Betriebsaufgabe als Ausfluss des Ausschlusses oder der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts angenommen. Nach § 16 Abs. 3a 2. HS EStG ist § 4 Abs. 1 S. 4 EStG entsprechend anzuwenden. Zu einer Wegzugsbesteuerung bei Einzelunternehmen kommt es im Umkehrschluss dann nicht, wenn Wirtschaftsgüter (dann ggf. teilweise Entstrickung) oder der ganze Betrieb weiterhin in Deutschland verstrickt bleibt.

Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts führt zur Wegzugsbesteuerung bei Einzelunternehmen

Danach ist das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts insbesondere dann ausgeschlossen oder beschränkt, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist. Unter den Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3a EStG fällt „nur“ die Entstrickung sämtlicher Wirtschaftsgüter eines Betriebs oder Teilbetriebs, sprich die gesamte Entnahme aller wesentlicher Betriebsgrundlage des (Teil-)Betriebs.

Steuerstundungsmöglichkeit bei einer Wegzugsbesteuerung des Personenunternehmens

Wenn der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3a EStG eröffnet ist, kommt es als Rechtsfolge zur Aufdeckung der stillen Reserven, auch in einem vorhandenen Geschäfts – oder Firmenwert. Bei einem Wegzug innerhalb der EU/EWR kommt eine zinslose Ratenzahlung in 5 gleichen Jahresraten in Betracht, § 36 Abs. 5 EStG.

Zusammenhang der Wegzugsbesteuerung bei Einzelunternehmen mit einer Funktionsverlagerung

Eine Funktionsverlagerung nach § 1 Abs. 3b AStG liegt vor, wenn eine Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken sowie der mitübertragenden oder mitüberlassenen Wirtschaftsgüter oder sonstigen Vorteile ganz oder teilweise übertragen oder überlassen wird, so dass das übernehmende Unternehmen diese Funktion ausüben oder eine bestehende Funktion ausweiten kann, § 1 Abs. 2 Funktionsverlagerungsverordnung.

Funktionsverlagerungen setzen eine Einschränkung oder eine Einstellung einer Funktion beim verlagernden Unternehmen voraus, welche anschließend vom übernehmenden Unternehmen in gleicher Weise ausgeübt wird.

Wie ist nun aber das Verhältnis der Wegzugsbesteuerung bei Einzelunternehmen nach § 16 Abs. 3a EStG zur Funktionsverlagerung, da das verlagernde Unternehmen (das Einzelunternehmen) dem übernehmenden Unternehmen entspricht.

M.E. ist eine Verlagerung nur anzunehmen, wenn der Verlagernde und Übernehmer zumindest zwei verschiedene Rechtsträger im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG sind.

ABER: Das Bewertungsobjekt „Transferpaket“ bei der Funktionsverlagerung und der Bestimmung des Einigungsbereichs steht praktisch m.E. der Bewertung nach § 16 Abs. 3 S. 7 EStG zum gemeinen Wert nahe, weshalb sich nur – bei neben dem Geschäfts– oder Firmenwert vorhandenen immateriellen Wirtschaftsgütern – theoretisch eine Abweichung ergibt.

Fazit

Ob und in welcher Höhe es zu einer Wegzugsbesteuerung bei Einzelunternehmen kommt, hängt maßgeblich von den stillen Reserven in den materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern des Einzelunternehmens ab. Dabei spielt der Firmenwert und/oder die Geschäftschancen (und andere immaterielle Wirtschaftsgüter wie Kundenstamm), die im Einzelunternehmen verankert sind, welche durch den Wegzug in das Ausland übertragen werden, eine maßgebliche Rolle. Ob ein Firmenwert als immaterielles Wirtschaftsgut vorhanden ist, ist immer anhand einer Einzelfallanalyse zu prüfen und steht meistens im Mittelpunkt der Bewertung und bei der Wegzugsbesteuerung bei Einzelunternehmen.

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03.05.25|Internationales Steuerrecht|0 Kommentare

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