Bei grenzüberschreitenden Gewinnausschüttungen wird in Deutschland regelmäßig Kapitalertragsteuer einbehalten. Dieser Quellensteuerabzug fällt jedoch häufig höher aus, als es nach den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen zulässig wäre. Um eine solche Überbesteuerung zu vermeiden, können ausländische Anteilseigner durch das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer die zu viel gezahlten Beträge beim Bundeszentralamt für Steuern zurückfordern.

Die Problematiken einer grenzüberschreitenden Gewinnausschüttung flankierend durch das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer wird im nachstehenden Video veranschaulicht:

Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer bei grenzüberschreitender Gewinnausschüttung

Gewinnausschüttungen und Lizenzgebühren eines inländischen Schuldners unterlegen grundsätzlich einem Steuerabzug an der Quelle (Bei Gewinnausschüttungen: auch im Inland, bei Lizenzgebühren an Steuerausländer).  Das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer kommt damit erst zur Anwendung, wenn überhaupt ein Quellensteuereinbehalt erfolgte.

Da die ausschüttende Gesellschaft eine deutsche Körperschaft ist, muss bei der Gewinnausschüttung Kapitalertragsteuer einbehalten werden. Dies ergibt sich aus § 43 Abs. 1 S. 3, § 43 Abs. 3 S. 1 EStG. Die Kapitalertragsteuer beträgt nach § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG 25,00 % und ist nach § 43a Abs. 2 S. 1 EStG von den vollen Kapitalerträgen zuzüglich eines Solidaritätszuschlags von 5,00 % einzubehalten und abzuführen (§§ 43 Abs. 1 S. 3 EStG, 4 SolZG). Die Gewinnausschüttung an den A unterliegt in Deutschland nach § 49 Abs. 1 Nr. 5a EStG der beschränkten Steuerpflicht. Die Quellensteuer in Form der Kapitalertragsteuer i.H.v. 25,00 % zzgl. Solidaritätszuschlag wird erhoben und ist von der ausschüttenden Gesellschaft anzumelden und einzubehalten. Wenn die A-GmbH die Quellensteuer nicht einbehält, haftet diese nach § 44 Abs. 5 S. 1 EStG. Das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer spielt damit beim Abzugsverfahren erstmal keine Rolle.

Abkommensrechtliche Bestimmungen als Voraussetzung für den Erstattungsantrag Kapitalertragsteuer

In diesem Beispiel wird veranschaulicht, dass die A-GmbH deutsche Kapitalertragsteuer einbehalten muss, obgleich der A in Zypern ansässig ist und das DBA Zypern nur einen Quellensteuereinbehalt von 15,00 % zulässt:

DBA Zypern Artikel 10 i.d.F. vom 18.02.2011

(1) Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, können im anderen Staat besteuert werden.

(2) Diese Dividenden können jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte der Dividenden im anderen Vertragsstaat ansässig ist, nicht übersteigen:

  1. 5 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft ist, die unmittelbar über mindestens 10 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt;
  2. 15 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividenden in allen anderen Fällen.

Der A kann sich daher mittels Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer durch einen Erstattungsantrag nach § 50c Abs. 3 EStG in Höhe von 10 % Kapitalertragsteuer und den gesamten SolZ vom Bundeszentralamt für Steuern zurückholen. § 50d Abs. 3 EStG spielt hier keine Rolle, da A persönlich entlastungsberechtigt ist.

Besonderheiten beim Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer bei grenzüberschreitender Gewinnausschüttung an eine ausländische Körperschaft

Auch in diesem Fall ist die deutsche GmbH zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer und SolZ verpflichtet, sofern dieser von der A-Ltd. keine Freistellungsbescheinigung (§ 50c Abs. 2 EStG) vorgelegt wird. Die A-Ltd. unterliegt wiederum der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5a) EStG. Das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer kann aber in diesem Fall nur eine vollständige Reduzierung auf 0,00 % bewirken, wenn die Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG erfüllt sind. Innerhalb der EU soll grundsätzlich keine Kapitalertragsteuer erhoben werden wegen der Mutter-Tochter-Richtlinie:

Einkommensteuergesetz

(EStG)

43b Bemessung der Kapitalertragsteuer bei bestimmten Gesellschaften

 

(1) 1Auf Antrag wird die Kapitalertragsteuer für Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1, die einer Muttergesellschaft, die weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung im Inland hat, oder einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegenen Betriebsstätte dieser Muttergesellschaft, aus Ausschüttungen einer Tochtergesellschaft zufließen, nicht erhoben; § 50d Absatz 3 gilt entsprechend.

§ 50d Abs. 3 EStG als Hürde beim Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer

Für das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer kommt § 50d Abs. 3 EStG eine entscheidende Rolle zu. Nach § 50d Abs. 3 EStG hat eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (die ausschüttungsempfangende Gesellschaft) nur Anspruch auf völlige oder teilweise Entlastung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer, soweit

  • Personen an ihr beteiligt oder durch die Satzung, das Stiftungsgeschäft oder die sonstige Verfassung begünstigt sind, denen die Steuerentlastung zustünde, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten (persönliche Entlastungsberechtigung)

oder

  • die Einkunftsquelle der Antragstellerin einen wesentlichen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit (…) aufweist (sachliche Entlastungsberechtigung)

oder

  • wenn die Antragstellerin nachweist, dass keiner der Hauptzwecke ihrer Einschaltung die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist (sog. Motivtest)

oder

  • wenn mit der Hauptgattung der Anteile der Antragstellerin selbst oder einer an ihr zu 100 % beteiligten Gesellschaft ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet. Dies gilt im zweiten Fall nur, wenn sämtliche mittelbar und unmittelbar beteiligte Gesellschaften im Ansässigkeitsstaat der Antragstellerin ansässig sind (sog. Börsenklausel)

Die persönliche Entlastungsberechtigung ist nicht erfüllt, wenn die an der Gläubigerin der Kapitalerträge beteiligten Personen nicht den gleichen Anspruch auf Entlastung bei Direktbezug hätten. Sofern die an der Antragstellerin unmittelbar und/oder mittelbar beteiligten Personen oder Gesellschaften einen niedrigeren Entlastungsanspruch hätten, wird der Entlastungsanspruch der Antragstellerin entsprechend eingeschränkt.

Steht die Einkunftsquelle in einem wesentlichen Zusammenhang mit der Wirtschaftstätigkeit der Gläubigerin der Kapitalerträge, so ist die sachliche Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EStG gegeben. Für die sachliche Entlastungsberechtigung kommt es daher auf die nachfolgenden Voraussetzungen an, die für das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer erfüllt sein müssen:

  • Übt die Antragstellerin eine eigene Wirtschaftstätigkeit aus (Substanztest)?
  • Besteht ein Zusammenhang dieser Wirtschaftstätigkeit mit der Beteiligung an der inländischen Gesellschaft?
  • Ist dieser Zusammenhang wesentlich?

Beim Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer sind daher entweder die Voraussetzungen der persönlichen oder sachlichen Entlastungsberechtigung zu erfüllen, wenn der Motivtest oder die Börsenklausel nicht zur Anwendung kommen.

Fazit zum Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer

Das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer ist ein zentrales Instrument, um bei grenzüberschreitenden Gewinnausschüttungen eine Doppel- oder Überbesteuerung zu vermeiden. Ausländische Anteilseigner haben die Möglichkeit, auf Grundlage von Doppelbesteuerungsabkommen oder der Mutter-Tochter-Richtlinie zu viel einbehaltene Quellensteuern beim Bundeszentralamt für Steuern zurückzufordern. Entscheidend sind dabei vollständige Antragsunterlagen, eine korrekte Ansässigkeitsbescheinigung sowie die Einhaltung der geltenden Fristen. Problematisch ist in der Praxis tatsächlich immer die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 50d Abs. 3 EStG. Hierzu sind bereits im Vorfeld entsprechende Weichen zu stellen, damit das Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Ich habe mich insbesondere auf das internationale Steuerrecht spezialisiert. Hierzu stehe ich Ihnen auch bei Fragen rund um das Thema „Erstattungsverfahren Kapitalertragsteuer“ deutschlandweit zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns jetzt unverbindlich.

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