Wenn ein Unternehmen international tätig ist, stellt sich schnell die Frage: Wann entsteht eine Betriebsstätte im Ausland – und was bedeutet das steuerlich? Dieser Beitrag liefert einen verständlichen Überblick für Unternehmer, die grenzüberschreitend aktiv sind und eine Betriebsstätte im Ausland aufbauen wollen oder bereits über eine feste Geschäftseinrichtung im Ausland verfügen.
Betriebsstätte im Ausland: Begriff der Betriebsstätte
In der steuerrechtlichen Terminologie ist die Betriebsstätte eine (feste) örtliche Einrichtung, die auf eine gewisse Dauer angelegt, in einen Betrieb eingebettet ist und demselben dient. Gemeinhin ist die Betriebsstätte i.d.R. der Teil eines Betriebes (Unternehmens), der bestimmte Funktionen erfüllt und diese mit einer gewissen Selbständigkeit und Planmäßigkeit innerhalb des Gesamtunternehmens ausgestattet sind, wobei allerdings nicht jeder Betriebsteil eine Betriebsstätte bilden muss. Eine Betriebsstätte ist nach § 12 Satz 1 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient, also für eine gewisse Dauer unternehmerisch genutzt werden kann
Wann die Gewinne einer Betriebsstätte im Ausland in Deutschland steuerfrei gestellt sind, erfahren Sie in diesem Video:
Betriebsstätte im Ausland: Anrechnungsmethode oder Freistellungsmethode
Durch das Welteinkommensprinzip werden grundsätzlich inländische- wie ausländische Betriebsstätteneinkünfte beim inländischen unbeschränkt Steuerpflichtigen in einer Veranlagung erfasst. Die ausländische Steuer wird dann nach Maßgabe des § 34c Abs. 1 EStG angerechnet. Betriebsstättenverluste unterliegen der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 2a EStG.
Sofern mit dem Betriebsstättenstaat kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen wurde, verbleibt es daher bei der Anrechnungsmethode.
Wenn mit einem Betriebsstättenstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht, ist im nächsten Schritt zu prüfen, inwieweit ein innerstaatlich bestehendes Besteuerungsrecht für einen nach den nationalen Grundsätzen ermittelten Betriebsstättengewinn abkommensrechtlich beschränkt wird. Dabei ist der Fremdvergleichsgrundsatz zugrunde zu legen. Nach diesem Grundsatz werden die Gewinne eines Unternehmens einer Betriebsstätte insoweit zugerechnet, als der ermittelte Gewinn einer fiktiv selbstständigen und vom Stammhaus unabhängigen Betriebsstätte zuzurechnen wäre (Dealing at Arm’s Length-Prinzip). Der abkommensrechtliche Fremdvergleichsgrundsatz ist nicht nur für die Gewinnabgrenzung, sondern auch für die Zuordnung der zugrunde liegenden Wirtschaftsgüter maßgeblich (AOA, vgl. Art. 7 Abs. 1, 2 OECD-MA).
Weiterführende Hinweise erhalten Sie im nachstehenden Video zur Freistellungs- und Anrechnungsmethode:
Betriebsstätte im Ausland: Freistellungsmethode
Einkünfte aus einer Betriebsstätte sind nach dem Methodenartikel des OECD-MA grundsätzlich steuerfreigestellt:
Art. 23A. Befreiungsmethode
(1) Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen, die in dem anderen Vertragsstaat nach diesem Abkommen besteuert werden können (es sei denn, die Bestimmungen dieses Abkommens ermöglichen dem anderen Staat eine Besteuerung nur deshalb, weil die Einkünfte als Einkünfte einer dort ansässigen Person erzielt werden oder weil das Vermögen auch Vermögen einer dort ansässigen
Person ist), so nimmt der erstgenannte Staat vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.
Die Betriebsstätte im Ausland führt dann zu keiner signifikanten Änderung der Steuerbelastung im Inland. Einzige Auswirkung ist der Einbezug der ausländischen Betriebsstätteneinkünfte in den Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Betriebsstätte im Ausland: Wechsel von der Anrechnungs- zur Freistellungsmethode
In verschiedenen Doppelbesteuerungsabkommen findet aber ein Wechsel von der Anrechnungs- zur Freistellungsmethode statt, wenn die Betriebsstätteneinkünfte bestimmte Charakteristika aufweisen. So ist in verschiedenen Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen, falls in einer ausländischen Betriebsstätte niedrig besteuerte Einkünfte aus passivem Erwerb nach § 8 Abs. 1 und 3 AStG erzielt werden, die Doppelbesteuerung entgegen der im Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Steuerbefreiung nicht durch Freistellung vermieden wird, sondern durch Anrechnung auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern.
Beispiel anhand des DBA mit Rumänien:
Wechsel zur Anrechnungsmethode nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. c) DBA Rumänien:
Statt der Bestimmungen des Buchstabens a sind die Bestimmungen des Buchstabens b anzuwenden auf Einkünfte im Sinne der Artikel 7 und 10 und die diesen Einkünften zugrunde liegenden Vermögenswerte, wenn die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Person nicht nachweist, dass die Betriebsstätte in dem Wirtschaftsjahr, in dem sie den Gewinn erzielt hat, oder die in Rumänien ansässige Gesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, für das sie die Ausschüttung vorgenommen hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Absatz 1 Nummern 1 bis 6 des deutschen Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten oder aus unter § 8 Absatz 2 dieses Gesetzes fallenden Beteiligungen bezieht; Gleiches gilt für unbewegliches Vermögen, das einer Betriebsstätte dient, und für Einkünfte aus diesem unbeweglichem Vermögen der Betriebsstätte (Artikel 6 Absatz 4) sowie für die Gewinne aus der Veräußerung dieses unbeweglichen Vermögens (Artikel 13 Absatz 1) und des beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen der Betriebsstätte darstellt (Artikel 13 Absatz 3).
Betriebsstätte im Ausland: Beispielsfall zum Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode
An der A-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland waren S1 mit 70 % und S2 mit 30 % beteiligt. Die A-GmbH unterhielt eine Betriebsstätte im Ausland, insbesondere in Rumänien. Zur Erbringung der Dienstleistungen in Rumänien setzte die A-GmbH vor Ort eigenes Personal ein, darunter auch S1. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Rumänien findet ein Wechsel von der Anrechnungs- zur Freistellungsmethode statt, wenn die in Deutschland ansässige Person nicht nachweist, dass die Betriebsstätte in dem Wirtschaftsjahr, in dem sie den Gewinn erzielt hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten bezieht
Der Bundesfinanzhof hat die Rechtsauffassung der Vorinstanz bestätigt (BFH-Urteil vom 03. Juli 2024 – I R 4/21), dass die Betriebsstätteneinkünfte in Rumänien aufgrund der Aktivitätsvorbehalte, die auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG verweisen, wegen der Mitarbeit des Gesellschafters S1 der A-GmbH in der Betriebsstätte nicht der Freistellungsmethode nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a DBA Rumänien unterliegen, sondern der Anrechnungsmethode nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. c DBA Rumänien. Die Einkünfte der Betriebsstätte im Ausland werden daher in Deutschland nicht freigestellt, sondern unterliegen der Anrechnungsmethode.
Fazit
Eine Betriebsstätte im Ausland kann für international tätige Unternehmen viele Vorteile bieten – von der Marktnähe bis zur strategischen Expansion. Gleichzeitig bringt sie komplexe steuerliche Fragestellungen mit sich, insbesondere im Hinblick auf Doppelbesteuerung, Gewinnabgrenzung und nationale Meldepflichten. Ob und wann eine Betriebsstätte im Ausland im steuerlichen Sinne vorliegt, sollte sorgfältig geprüft werden – idealerweise bereits vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit im Ausland. Eine frühzeitige steuerliche Beratung hilft dabei, Risiken zu vermeiden, Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen und die internationale Struktur rechtssicher aufzubauen. Wer eine Betriebsstätte im Ausland plant oder betreibt, sollte den Überblick über alle steuerlichen Pflichten behalten – national wie international. Sehen Sie sich dazu weiterführend auch gerne den Beitrag „Betriebsstätte im Internationalen Steuerrecht“ an.
Hierzu stehe ich Ihnen gerne für eine persönliche Beratung deutschlandweit zur Verfügung.
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