Fortführungsgebundener Verlustvortrag : Beim Erwerb von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen wird bei der Übertragung von mehr als 50,00 % der Anteile der Verlustvortrag gefährdet. Der fortführungsgebundene Verlustvortrag bietet die Möglichkeit, den untergehenden Verlust zu wahren, um diesen weiterhin als Vortragsvolumen zu nutzen. Der fortführungsgebundene Verlustvortrag hat aber auch entsprechende Nachteile, insbesondere dann wenn der Verlust nur anteilig untergehen würden oder wenn ein schädliches Ereignis eintritt. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet die Möglichkeiten des fortführungsgebundenen Verlustvortrags.

Ausgangslage –  § 8c I KStG

Um vom Antrag auf Feststellung eines fortführungsgebundenen Verlustvortrag Gebrauch machen zu können, bedarf es zunächst des Untergangs der Verlustvorträge. Dies richtet sich nach § 8c I KStG. Der unterjährige Verlust, der bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs entstanden ist, sowie etwaige Verlustvorträge (die aber nach Aussage des Sachverhalts nicht vorliegen), könnten anteilig untergehen, sofern die Voraussetzungen des § 8c I S. 1 KStG erfüllt sind. Mit dem JStG 2018 hat Gesetzgeber die bisher geltende quotale Verlustuntergangsnorm des § 8c I S. 1 KStG rückwirkend ersatzlos aufgehoben (§ 34 VI S. 1 KStG). Nach der alten Regelung sind bei einer Anteilsveräußerung von 25 % – 50 % die Verluste anteilig untergegangen. Nach dieser Regelung konnte vom fortführungsgebundenen Verlustvortrag nach § 8d KStG schon vorher Gebrauch gemacht werden. Grundlage für die Streichung war der Beschluss des BVerfG vom 29.03.2017 (BVerfG vom 29.03.2017 – 2 BvL 6/11) mit dem die Regelung des § 8c I S. 1 KStG in der Fassung vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2015 für verfassungswidrig erklärt wurde. Der neue § 8c I KStG findet erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007 Anwendung. Bei einer Anteilsveräußerung richtet sich der Verlustabzug nach § 8c I KStG. Der Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG verknüpft das Vorliegen eines gesetzlich definierten „schädlichen Beteiligungserwerbs“ mit nachteiligen Rechtsfolgen. Sofern innerhalb von 5 Jahren mehr als 50 % der Anteilsrechte an einer Körperschaft i.S.d. Körperschaftsteuergesetzes auf einen Erwerber oder eine Erwerberhand übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor, kommt es nach § 8c I S. 1 KStG zu einem Wegfall der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte, der nicht genutzten Verluste der Körperschaft. § 8c I S. 1 KStG setzt einen schädlichen Beteiligungserwerb innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren durch Personen eines Erwerberkreises voraus. Den Erwerberkreis bildet der Erwerber gemeinsam mit ihm nahestehenden Personen und Personen, die mit ihm oder den nahestehenden Personen gleichgerichtete Interessen haben. Als Form des schädlichen Beteiligungserwerbs ist jede Übertragung zu sehen. Dies beinhaltet jede rechtsgeschäftliche Übertragung bestehender Anteile unter Lebenden, d.h. sowohl die entgeltliche als auch unentgeltliche Übertragung im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge. Die unentgeltliche Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist nach Auffassung der Finanzverwaltung ausgenommen. Sind die Voraussetzungen des § 8c I KStG erfüllt, geht der Verlust vollständig unter.

Rettung: Antrag nach § 8d KStG – fortführungsgebundener Verlustvortrag

Vor Stellung des Antrags nach § 8d KStG sollte jedoch primär die stille Reserven – Klausel und die Sanierungsklausel geprüft werden. Stellt die Kapitalgesellschaft einen Antrag nach § 8d KStG, so wird der gesamte ohne Anwendung des § 8c KStG verbleibende Verlustvortrag zum 31.12.2016 (§ 8d I S. 6 KStG) zum fortführungsgebunden Verlustvortrag. Sanierungsklausel und stille Reserven – Klausel bleiben demnach vollständig unberücksichtigt. Daher ist dieser Antrag mit Bedacht zu stellen. Der fortführungsgebundene Verlustvortrag unterliegt nachfolgend ohne zeitliche Begrenzung den Restriktionen des § 8d Abs. 2 KStG und damit dem Risiko, bei einer schädlichen betrieblichen Veränderung vollständig unterzugehen.

Vorrangig vor Antrag nach § 8d KStG – Sanierungsklausel und Stille – Reserven – Klausel

Bevor der komplette Verlustvortrag als fortführungsgebundener Verlustvortrag vorgetragen werden soll, ist die Sanierungsklausel und die stille Reserven – Klausel zu überprüfen. § 8c Ia S. 1 KStG ordnet an, dass ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft für die Anwendung des § 8c I S. 1 KStG unbeachtlich ist.

Was ist eine Sanierung?

Sanierung eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Körperschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird. Eine wesentliche Zuführung von Betriebsvermögen liegt vor, wenn der Körperschaft innerhalb von zwölf Monaten nach dem Beteiligungserwerb Betriebsvermögen zugeführt wird, das bei einem Anteilserwerb von 100 % mindestens 25 % des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahres enthaltenen Aktivvermögens entspricht.

Drohende Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsfähigkeit kann durch einen Liquiditätsplan aufgezeigt werden.

Antrag nach § 8d KStG – die Voraussetzungen für den fortführungsgebundenen Verlustvortrag

  • 8c KStG wird nur dann nicht angewendet, wenn der Antrag erfolgreich ist.

Der Antrag muss durch die Körperschaft in der Steuererklärung gestellt werden!

Der Antrag ist gem. § 8d I S. 5 KStG in der Steuererklärung für die Veranlagung des Veranlagungszeitraums zu stellen, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt. Eine Antragstellung vor und nach der Einreichung der Steuererklärung ist damit ebenso unwirksam, wie eine Antragstellung durch ein gesondertes formloses Antragsschreiben, das mit der Abgabe der Steuererklärung beim Finanzamt eingeht.

 

Teilweise vertretene Auffassung – fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d KStG in einer berichtigten Steuererklärung

Nach Literaturauffassung kann der Antrag auch noch in einer berichtigten Steuererklärung bis zum Eintritt der Bestandskraft gestellt werden, zumindest dann, wenn ein besonderer Grund vorliegt. In Ermangelung einer anderweitigen Vorgabe liegt die zeitliche Grenze für die Antragsausübung somit bei der Erstfestsetzung in der formellen und materiellen Bestandskraft des Steuerbescheids für den entsprechenden Veranlagungszeitraum.

Solange nach Abgabe der Steuererklärung noch kein Steuerbescheid ergangen ist, kann der Antrag nachgeholt werden.

Nach Erlass des Steuerbescheids kann der Antrag auch bis zum Ablauf der Einspruchsfrist ausgeübt werden. Ist die Einspruchsfrist abgelaufen, der Steuerbescheid aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO ergangen, kann der Antrag solange gestellt werden, wie der Vorbehalt wirksam ist. Regulär entfällt dieser mit Ablauf der Festsetzungsfrist (§ 164 IV AO).

Fortführungsgebundener Verlustvortrag – das Unterhalten des Geschäftsbetriebs

Die wesentlichen Voraussetzungen für die Verlustverschonung gem. § 8d I KStG betreffen das Unterhalten des Geschäftsbetriebs während eines definierten Zeitraums vor dem schädlichen Erwerb und die qualifizierte Fortführung des Geschäftsbetriebs während eines unbegrenzten Zeitraums nach dem schädlichen Beteiligungserwerb, verbunden mit der Unterlassung bestimmter schädlicher Aktionen. Dies bedeutet, dass der fortführungsgebundene Verlustvortrag dann wegfällt, wenn der ursprüngliche Geschäftsbetrieb eingestellt (oder ruhendgestellt) oder einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt wird. Letzteres ist insbesondere beim Branchenwechsel der Fall. Es wird ebenfalls verlangt, dass die Gesellschaft seit ihrer Gründung oder zumindest seit dem Beginn des 3. Wirtschaftsjahres, das dem Wirtschaftsjahr des schädlichen Beteiligungserwerbs vorausgeht ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb unterhält und kein Ereignis nach § 8d II KStG stattgefunden hat.

Folgendes ist daher zwingende Voraussetzung für den fortführungsgebundenen Verlustvortrag

–           Geschäft muss in derselben Branche weitergeführt werden

–           kein Organträger

–           kein Mitunternehmer in einer Mitunternehmerschaft (auch atypisch stille Beteiligung)

–           kein weiteres Ereignis nach § 8d II S. 2 Nr. 1 – 6 KStG

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